Tag 4
Selbst am nächsten Morgen ist das Wasser in dieser Flasche noch wärmer als meine Füße. Das wird Folgen haben.
Da ich die Tischdecke fürs Frühstück ja nun wieder hergeben muss, hänge ich mir den Schlafsack um die Schultern um beim Frühstücken nicht zu frieren. Da wir früh im Krater sein wollen, ist die Abfahrtszeit auf 6:30 Uhr festgelegt. Mir ist es recht, denn ich habe die Hoffnung, dass es dann etwas wärmer wird. Denn immer noch bin ich eiskalt. Und nach wie vor laden die Duschen nicht zum Verweilen ein. Also bleiben wir weiterhin ungeduscht, ein Schicksal, welches wir mit vielen der Anwesenden hier teilen. Zuvor erst einmal wieder ein klein wenig Geschichte: Ngorongoro ist ein Einbruchkater in Tansania am Rande der Serengeti. Er entstand, als an dieser Stelle ein Vulkanberg in sich zusammenbrach. Der Kraterboden liegt auf etwa 1700 Meter über NN und die Seitenwände sind zwischen 400 und 600 Meter hoch, so dass die Kraterkante auf etwa 2300 Meter liegt. Der Durchmesser des Kraters beträgt zwischen 17 und 21 Kilometer. Insgesamt hat der Krater eine Fläche von 26.400 Hektar. 1979 wurde er auf die UNESCO-Liste des Weltnaturerbe aufgenommen und 1981 als Biossphärenreservat ausgezeichnet. Zusätzlich wurde der Krater 2010 zum Weltkulturerbe erhoben. Etwa 25.000 Großsäuger bevölkern den Krater, darunter die höchste Raubtierdichte Afrikas. Besonders groß ist die Zahl an Zebras, Büffeln, Gnus, Elanantilopen sowie Grant- und Thomson-Gazellen. Sie werden gejagt von Löwen, Fleckenhyänen und Leoparden. Daneben gibt es im Krater unter anderem Elefanten und, ungewöhnlich in dieser Gegend, Flusspferde. Es existieren noch zwischen zehn und 15 Exemplare der bedrohten Spitzmalnashörner, deren Population in den 1960er Jahren noch über hundert Tiere betrug. Die großen Tierwanderungen in der Serengeti führen auch durch den Ngorongoro-Krater. (Quelle: Wikipedia) Zu Beginn unserer Fahrt bewegen wir uns innerhalb der Wolkendecke. Die Sicht beträgt keine 10 Meter und es geht auf Serpentinen bergab. Denn schließlich wollen wir von dem Kraterrand in das Kraterinnere gelangen. Als wir unterhalb der Wolkendecke gelangen bietet sich uns ein fantastischer Ausblick. Und mit Einfahrt in den Kraterboden endlose Weite. Um Fotos zu machen hält Omari den Wagen an und schaltet ihn aus. Was zu Folge hat, dass er sich nicht mehr starten lässt, da die Batterieanzeige rot aufleuchtet. Und auch hier zeigt sich wieder diese afrikanische Gelassenheit. Er zuckt mit den Schultern und überbrückt die Zeit damit, dass er uns einiges zu dem Krater und den sich hier aufhaltenden Tieren erzählt. Dann kommt ein Jeep eines anderen Veranstalters vorbei, ein Handzeichen, 2,3 Sätze Unterhaltung, der Jeep schiebt unseren Wagen an und wir können weiter fahren. Alles ganz simpel – kein Grund zur Aufregung. Wir kommen an einer Stelle vorbei, an der schon unzählige Autos stehen. Ein untrügliches Zeichen dafür, dass dort wieder etwas zu sehen ist. Was für uns selbst mit Fernglas und Teleobjektiv kaum auszumachen ist, sieht unserer Guide mit bloßem Auge: weit entfernt am Horizont liegt eine Rhinozeros im Gras. Und rührt sich leider überhaupt nicht. So dass jedes Foto maximal einen hellgrauen Fleck im Gras wiedergeben würde. Wir verweilen noch ein wenig, aber mehr passiert dort nicht. Wir beschließen, später noch einmal vorbei zu schauen. Mit geht es zunehmend schlechter. Mir ist immer noch kalt, habe das Schichten-Bekleidungsmodell nur von der Art nicht aber von der Anzahl der Kleidungsstücke verändert und trotzdem will mir nicht wärmer werden. Außerdem geht mein Kopf immer mehr zu und mir fallen zwischendurch die Augen zu. Ein denkbar ungünstiger Moment, denn eine solche Szenerie werde ich wohl so schnell nicht mehr zu sehen bekommen. Die Löwen sind heute in großer Anzahl unterwegs. Vor uns sehen wir wieder eine Stelle, an dem unzählige Wagen stehen. Also, ganz im Sinne des Herdentriebes, gesellen wir uns auch dazu. Und mitten in dem Wust von unterschiedlichsten Jeepvarianten, schlendert ganz entspannt eine Löwin durch die Reihen der Wagen. Um sich dann inmitten dieser Wagen ganz tiefentspannt mitten auf die Straße zu legen und ein kleines Schläfchen zu halten. Eine solche Gelassenheit kann wohl nur ein Lebewesen so zur Schau stellen, was um seine Stärken weiß. Hochgradig beeindruckend. Der Löwe, der am Straßenrand liegt und nur mit halbherzigem Interesse das Treiben der Löwin verfolgt zeigt sich ebenfalls ziemlich unbeeindruckt von dem ganzen Medienspektakel was den beiden gilt. Selbst Autos die nur 30 cm von ihm entfernt zum Stehen kommen bedenkt er nicht einmal mit einem Wimpernschlag. Eher scheint es, als er die Menschen in dem Wagen zur Kenntnis nimmt, als das er überlegt, welcher von diesen wohl ein angemessenes Frühstück zu sein scheint. Wir bleiben auch hier eine Weile, bevor wir noch einmal zur Stelle fahren, von der das Rhinozeros gesichtet wurde. Und siehe da, wir haben Glück. Es steht auf und bewegt sich ein paar Meter. Und insofern ist es auch von unserer, ca. 400 Meter entfernten Stelle als Rhinozeros auszumachen. Und damit steht fest: wir haben die „Big Five“ alle gesehen. Etwas, was leider gar nicht mehr so selbstverständlich ist. Und selbst unser Guide sieht ein Rhino nur auf ganz wenigen seiner Safaris. Denn leider sind auch sie extrem vom Aussterben bedroht. Etwas, was der Mensch zu verantworten hat. Wieder ein wenig Hintergrund: Gegen Mittag fahren wir zurück zum Zeltplatz um unsere Sachen und unseren Koch einzuladen und den Weg zurück anzutreten. Inzwischen ist das Taschentuch etwas geworden, was ich nicht mehr aus der Hand gebe. Ein Umstand, der mich nicht gerade zum Jubeln bringt. Abends sind wir dann in unserem Hostel, und mein erster Gang, nach einem ansatzweisen Ausklopfen meiner Taschen und Klamotten führt ohne große Umwege in die Dusche. Die Temperatur ist mir inzwischen dabei fast schon komplett egal. Hauptsache das Gefühl bekommen, unter den Schichten von Staub mal wieder etwas Haut freilegen zu können. Die Haare wasche ich zweimal und am Ende meiner Duschzeit kann ich eine nicht unwesentliche Menge von braunem Staub und Erde wahrnehmen, die sich um den Abfluss versammelt. Zwei Dinge sind mir in diesen 4 Tagen besonders aufgefallen: das Miteinander der Menschen hier. Als ob es ein tiefbegründetes Wissen darum gibt, dass es nur zusammen geht. Und, dass es vielen Einheimischen einfach um das Wissen fehlt, was sie hier an Schätzen haben. Kaum verlässt man die Pracht der Naturparks, da fährt man wieder durch Landstriche mit kleinen Dörfern in denen man erkennen muss, wie wenig die Menschen hier haben (manchmal noch weniger als sie brauchen. Und das ist schon nicht viel). Und ich kann es diesen Menschen gar nicht übel nehmen, dass sie dieses nicht (be-)schützen, z.B. in einer Form von Umweltbewusstsein. Denn wenn alleine eine Kratereinfahrt (nur die Fahrt für einen Wagen, ohne Übernachtung oder sonstige Ausgaben) USD 300 kostet, ist das für einen Einheimischen eine astronomisch hohe Summe, die mehrere Monatsgehälter oder gar Jahresgehälter betragen würden. Sofern er überhaupt ein festes Einkommen hat. Die Safari war sehr beeindruckend. Doch aber regt sie in vielerlei Hinsicht zum Nachdenken an. Und manche Erkenntnisse daraus sind nicht gerade schmeichelhaft. Für den Menschen. Für mich hatte diese Fahrt eine Reihe von Ambivalenzen. Was aber für mich auch nicht untypisch ist :) Ach, und noch eine kleine Anekdote am Rande: 2,3 Dörfer bevor man in die Transitstrecke einfährt, gibt es ein kleines Dorf namens Karatu. Durch dessen Hauptstraße sind wir gefahren, als wir an einem der unzähligen kleinen Handkarren vorbei gefahren sind, mit denen die unterschiedlichsten Waren zum Verkauf angeboten werden. Und auf genau einem jener dieser Handkarren stand in Großbuchstaben geschrieben: ANGELA MERKEL. WILLKOMMEN :) | Bildergalerie |